BAG: Keine Altersdiskriminierung durch auf jüngere Arbeitnehmer beschränktes Angebot von Aufhebungsverträgen

Nimmt der Arbeitgeber die bei ihm beschäftigten über 55jährigen Arbeitnehmer aus dem Personenkreis aus, dem er im Rahmen einer Personalabbaumaßnahme den Abschluss von Aufhebungsverträgen gegen Abfindungen anbietet, liegt darin keine Diskriminierung wegen des Alters.

Es fehlt bereits an einer unmittelbaren Benachteiligung wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG. Den älteren Arbeitnehmern bleibt ihr Arbeitsplatz erhalten. Sie werden deshalb nicht weniger günstig als die jüngeren Arbeitnehmer behandelt, die ihren Arbeitsplatz – wenn auch unter Zahlung einer Abfindung – verlieren.

Der 1949 geborene Kläger ist seit 1971 bei der Beklagten beschäftigt. Im Juni 2006 gab die Beklagte, bei der betriebsbedingte Beendigungskündigungen zu diesem Zeitpunkt tariflich ausgeschlossen waren, bekannt, dass Arbeitnehmer der Jahrgänge 1952 und jünger gegen Zahlung von Abfindungen freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden könnten. Die von ihr festgelegte Abfindungshöhe richtete sich nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und Höhe des monatlichen Entgelts. Die Beklagte behielt sich vor, den Wunsch von Arbeitnehmern, gegen Abfindung auszuscheiden, abzulehnen. Die Aufforderung des Klägers, auch ihm ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten, wies die Beklagte zurück. Der Kläger verlangt von der Beklagten, ihm ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu unterbreiten, das eine Abfindung iHv. insgesamt 171.720,00 Euro beinhaltet.

Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Das neu geschaffene Diskriminierungsverbot wegen des Alters verfolgt wesentlich den Zweck, älteren Arbeitnehmern den Verbleib im Arbeitsleben zu ermöglichen. Es zwingt deshalb Arbeitgeber im Rahmen eines von ihnen geplanten Personalabbaus nicht dazu, auf Verlangen älterer Arbeitnehmer mit diesen einen Aufhebungsvertrag gegen Zahlung einer Abfindung zu schließen. Der Kläger hat auch nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte mit Arbeitnehmern der Jahrgänge 1951 und älter Aufhebungsverträge unter Zahlung von Abfindungen in der von ihr im Juni 2006 festgelegten Höhe geschlossen hat und damit von ihrer selbst gesetzten Regel abgewichen ist. Die Beklagte war deshalb auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht verpflichtet, mit dem Kläger den begehrten Aufhebungsvertrag zu schließen.

(Pressemitteilung BAG, Urteil vom 25. Februar 2010 – 6 AZR 911/08)

Praxistipp:

  • Grundsätzlich unterliegt der Abschluss eines Aufhebungsvertrages der Vertragsfreiheit. Ein Anspruch des Arbeitnehmers hierauf scheidet deshalb grundsätzlich aus.
  • Bietet allerdings der Arbeitgeber einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern den Abschluss eines Aufhebungsvertrages an, hat er den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und Diskriminierungsverbote zu beachten.
  • Das BAG sieht vorliegend keine Benachteiligung des Arbeitnehmers, weil die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Abfindungszahlung keinen Vorteil gegenüber dem Erhalt des Arbeitsplatzes darstelle.
  • Diese Sichtweise vertritt das BAG auch bei Sozialplänen, in denen zu Recht eine sinkende Abfindungshöhe für rentennahe Jahrgänge vereinbart werden dürfe.
  • Das BAG übersieht hierbei, dass der Nachteil für den Arbeitnehmer darin bestehen kann, nicht mehr frei über den Bestand des Arbeitsverhältnisses und die weitere Lebensplanung disponieren zu können. Diese Dispositionsfreiheit, die jüngeren Arbeitnehmern eingeräumt wird, kann nicht aus Gründen des Alters verweigert werden.
  • Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH nicht im Rahmen seines zunehmend wachsenden Einflusses gerade bei dem Reizthema Altersdikriminierung Korrekturen vornehmen wird.