BAG: Arbeitszeit und Fahrzeiten während der Dienstreise
Bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind Wegezeiten bei einer Dienstreise keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Auch die Vergütung für diese Zeiten kann ausgeschlossen werden.
Das BAG hatte einen Fall zu entscheiden,in dem die Parteien über die vergütungs- und arbeitszeitrechtliche Behandlung der bei Dienstreisen anfallenden Wegezeiten gestritten haben. der vorliegend anwendbare Bundesangestelltentarifvertrag (BAT)enthielt die Regelung, dass als Arbeitszeit ausdrücklich nur die Dienstzeit am auswärtigen Geschäftsort, mindestens die übliche Arbeitszeit gilt.
Zunächst definiert das BAG den Begriff Dienstreise dahingehend, dass diese vorliege, wenn der Angestellte zu einem Ort fahren muss an dem ein Dienstgeschäft zu erledigen ist. Dabei sei es unerheblich, ob der Angestellte die Dienstreise von seiner Wohnung aus oder vom Sitz der Beschäftigungsbehörde aus antritt.
Anschließend führt das BAG aus, dass der Vergütungsausschluss hinsichtlich der Dienstreisezeit im BAT zulässig sei. Diese verstoße weder gegen Europarecht, noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsgrundsatz).
Schließlich legt das BAG fest, dass Reisezeiten auch keine Arbeitszeiten im Sinne des Arbeitszeitgesetzes sind. Zwar bestünde ein Bezug zur Arbeitsleistung, jedoch ergebe die gebotene Auslegung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes, dass Reisezeiten im Sinne des Arbeitsschutzes zur Ruhezeit gehören.
Zwar können Wegezeiten aufgrund der Umstände des Einzelfalles als Arbeitszeit zu beurteilen sein. Das käme in Betracht, wenn der Arbeitnehmer sie zur Erledigung seiner Arbeitsaufgaben nutzen muss. Die Bearbeitung von E-Mails, Vor- und Nachbereitung des auswärtigen Termins sei dann Vollarbeit.
Hat der Arbeitgeber jedoch dem Mitarbeiter freigestellt, wie er die Reisezeit nutzt, so bleibt seine Belastung noch hinter der Beanspruchung durch eine Rufbereitschaft zurück. Denn er muss sich nicht auf Abruf zur Arbeitsleistung zur Verfügung halten.
Das BAG führt ebenfalls aus, dass es für die arbeitszeitrechtliche Beurteilung unerheblich ist, ob ein Arbeitnehmer „aus seinem familiären und sozialen Umfeld herausgerissen“ wird.
(BAG, Urteil vom 11.7.2006 – 9 AZR 519/05)
Praxistipp:
- Der Arbeitgeber trägt die Verantwortung dafür, dass der Arbeitnehmer die nach dem Arbeitszeitgesetz höchstens zulässigen Arbeitszeiten einhält. Dies gilt auch für Dienstreisen.
- Gibt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Dienstreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführen, und überlässt er ihm die konkrete Nutzung der Zeit, kann es zu keiner Überschreitung der Höchstarbeitszeit kommen.
- Wollen Arbeitgeber die Vergütung von Dienstreisezeiten vermeiden, sollten sie mit Arbeitnehmern einzelvertraglich vereinbaren, dass für Dienstreisen in öffentlichen Verkehrsmitteln keine vergütungspflichtige Arbeitszeit anfällt.