BAG: Entschädigung wegen ausländerfeindlicher Parolen am Arbeitsplatz

Ausländerfeindliche Schmierereien am Arbeitsplatz können eine Entschädigung wegen Belästigung i.S.v. § 3 Absatz 3 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) begründen. Wegen der Ausschlussfrist des § 15 Absatz 4 AGG von zwei Monaten müssen Arbeitnehmer etwaige Entschädigungsansprüche aber frühzeitig geltend machen.

Der Sachverhalt

Die vier türkischstämmigen Kläger sind im Lager der R. AG als Kommissionierer beschäftigt. Dort hatten auf der Toilette für männliche Mitarbeiter Unbekannte ein Hakenkreuz und die Parolen „Scheiß Ausländer, ihr Hurensöhne, Ausländer raus, ihr Kanaken, Ausländer sind Inländer geworden“ angebracht. Die Kläger behaupteten, sie hätten den Niederlassungsleiter der Beklagten schon im September 2006 auf die Schmierereien hingewiesen. Anfang April 2007 ließ die Beklagte die Schmierereien entfernen.

Mit Schreiben vom 11. April 2007 haben die Kläger von der R. AG eine Entschädigung wegen einer Belästigung i.S.v. § 3 Absatz 3 AGG verlangt und die R. AG im Juni 2007 auf Zahlung von 10.000,00 € an jeden Kläger verklagt. Sie trugen vor, dass die Beklagte trotz eines entsprechenden Hinweises im September 2006 monatelang untätig geblieben sei. Der Niederlassungsleiter habe sich lediglich dahingehend geäußert, „dass die Leute eben so denken würden“. Außerdem habe die Beklagte weder die nach § 12 Absatz 2 AGG notwendigen Schulungen durchgeführt, noch eine Beschwerdestelle unter Beteiligung des Betriebsrates eingerichtet.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klagen abgewiesen.

Die Entscheidung

Die Kläger blieben auch vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichtes ohne Erfolg. Damit haben die Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Entschädigung gem. §§ 15 Absatz 2, 3 Absatz 3 AGG.

Eine Belästigung stellt nur dann eine die Entschädigungspflicht des Arbeitgebers auslösende Benachteiligung dar, wenn durch die Belästigung ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird und hierdurch die Würde des Arbeitnehmers verletzt wird.

Das BAG hat zwar die Schmierereien als unzulässige Belästigungen der Kläger wegen deren ethnischer Herkunft betrachtet, aber aufgrund der streitigen Angaben über den Zeitpunkt der Unterrichtung des Niederlassungsleiters über diese Beschriftungen und dessen Reaktion darauf keine Entscheidung darüber treffen können, ob durch die Schmierereien ein sogenanntes feindliches Umfeld i.S.d. § 3 Absatz 3 AGG für die Kläger geschaffen worden war.

Letztlich scheiterten die Klagen daran, dass die Kläger ihre Entschädigungsansprüche nicht innerhalb der Ausschlussfrist des § 15 Absatz 4 AGG schriftlich geltend gemacht hatten. Diese Frist begann spätestens ab dem Zeitpunkt der von den Klägern behaupteten Unterrichtung des Niederlassungsleiters über die ausländerfeindlichen Parolen im September 2006 zu laufen und war mit der Geltendmachung am 11. April 2007 jedenfalls abgelaufen.

(BAG, Urteil vom 24.09.09 – 8 AZR 705/08)

Praxistipp:

  • Gemäß § 15 Absatz 4 AGG müssen Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Durch Tarifvertrag kann etwas anderes vereinbart werden. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
  • Im Gegensatz zur sexuellen Belästigung reicht bei der bloßen Belästigung ein einmaliger Vorfall nicht aus, da dies zur Schaffung eines feindlichen Umfeldes nicht ausreicht. Ein feindliches Umfeld ist aber Voraussetzung für das Vorliegen einer Belästigung.
  • Ein Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen und Belästigungen zu treffen. Darunter fallen auch vorbeugende Maßnahmen wie Schulungen der Mitarbeiter.
  • Unter das AGG fallen jedoch nur Benachteiligungen und Belästigungen wegen eines in § 1 AGG abschließend aufgezählten Grundes: Rasse, ethnische Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Identität.
  • Zu beachten ist ferner, dass der Entschädigungsanspruch gem. § 15 Absatz 2 AGG kein Verschulden des Arbeitgebers voraussetzt.
  • Bei Verstößen von Mitarbeitern des Arbeitgebers kommen allerdings arbeitsrechtliche Sanktionen in Betracht, die je nach Schwere des Verstoßes über Versetzungen und Abmahnungen bis hin zur Kündigung reichen können.