BAG: Kein Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten zum Betriebsratsbüro

Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied hat keinen Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten für regelmäßige Fahrten von seinem Wohnort zum Sitz des Betriebsrats (Betriebsratsbüro). Dies gilt auch dann, wenn das Betriebsratsbüro weiter vom Wohnort entfernt ist als die Betriebsstätte, in der der Betriebsrat ohne Freistellung seine Arbeitsleistung erbringen müsste.

Der Sachverhalt

Der Antragsteller war bis 2001 in der Filiale D der Antragsgegnerin beschäftigt. Seit 2002 ist er als Betriebsratsmitglied freigestellt und fährt regelmäßig von seinem Wohnsitz in H zum weiter entfernt liegenden Betriebsratsbüro im Betriebssitz der Antragsgegnerin in B. Die Antragsgegnerin zahlte dem Antragsgegner bis einschließlich Oktober 2004 regelmäßig die Fahrtkosten für seine Fahrtstrecke vom Wohnort zum Betriebsratsbüro. Im November 2004 stellte sie die Erstattung dieser Fahrtkosten mit sofortiger Wirkung ein.

Mit vorliegendem Beschlussverfahren macht der Antragsteller geltend, dass die Antragsgegnerin weiterhin für die Mehrkosten für die Fahrten zum weiter entfernten Betriebsratsbüro aufzukommen habe, da es sich um Kosten des Betriebsrats gem. § 40 Abs. 1 BetrVG handele. Ohne seine Freistellung als Betriebsratsmitglied wäre er nicht verpflichtet gewesen, regelmäßig die längere Fahrtstrecke nach B zurückzulegen, da er seine Arbeitsleistung in der Filiale in D zu erbringen gehabt hätte.

Die Antragsgegnerin sieht keine Verpflichtung zur Erstattung der Mehrkosten, da es sich bei den geltend gemachten Fahrtkosten nicht um Kosten des Betriebsrats im Sinne von § 40 Abs. 1 handele.

Die Entscheidung

Das BAG hat den Antrag zurückgewiesen und entschieden, dass die Antragsgegnerin dem Antragssteller die Kosten für die regelmäßigen Fahrten von seinem Wohnort in H zum Betriebsratsbüro in B – abzüglich ersparter Fahrtkosten von H zum bisherigen, näher gelegenen Arbeitsort in D – nicht erstatten muss. Bei den geltend gemachten Fahrtkosten handelt es sich nicht um Kosten des Betriebsrats gem. § 40 Abs. 1 BetrVG.

Danach hat der Arbeitgeber die dem Betriebratsmitglied durch seine Tätigkeit als Betriebsrat entstandenen Kosten zu tragen. Voraussetzung ist allerdings, dass die geltend gemachten Aufwendungen für die Betriebsratsarbeit erforderlich waren. Dies beinhaltet grundsätzlich auch Fahrtkosten, die ein Betriebsratsmitglied zur Durchführung einer konkreten Betriebsratstätigkeit aufgewendet hat.

Für Fahrten zwischen Wohnort und Betriebsstätte gilt dies allerdings nur, wenn das Betriebsratsmitglied ohne die konkret zu erledigende Betriebsratstätigkeit nicht hätte in den Betrieb fahren müssen. Ist das Betriebsratsmitglied jedoch nach § 38 BetrVG freigestellt, ist das Betriebsratsbüro neuer Leistungsort des Betriebsratsmitglieds. Obwohl für die Dauer der Freistellung keine Verpflichtung zur arbeitsvertraglichen Arbeitsleistung besteht, muss das freigestellte Betriebsratsmitglied während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betriebsratsbüro anwesend sein und sich für dort anfallende Betriebsratstätigkeiten bereithalten.

Ein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung besteht auch dann nicht, wenn das Betriebsratsmitglied ohne die Freistellung nicht in der Betriebsstätte gearbeitet hätte, in der sich das Betriebsratsbüro befindet, sondern in einer anderen, seinem Wohnort näher gelegenen Betriebsstätte. Die Veränderung des Leistungsortes ist wegen der mit seinem Einverständnis erfolgten Freistellung erfolgt.

(BAG Beschluss vom 13.06.2007, 7 ABR 62/06)

Praxistipp:

  • Jeder Arbeitnehmer – und damit grundsätzlich auch jedes Betriebsratsmitglied – muss auf eigene Kosten zur Arbeitsleistung in der Betriebsstätte als Leistungsort erscheinen.
  • Gem. § 78 Satz 2 BetrVG ist sowohl die Benachteiligung als auch die Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern wegen ihrer Amtsausführung verboten.
  • Ein Arbeitnehmer, dessen Leistungsort sich ändert, weil ihm mit seinem Einverständnis eine andere, in einer anderen Betriebsstätte desselben Betriebes zu verrichtende Tätigkeit übertragen wird, ist grundsätzlich verpflichtet, sich auf eigene Kosten zu dem neuen Leistungsort zu begeben.
  • Nicht anders ist deshalb ein Betriebsratsmitglied zu behandeln, dessen Leistungsort sich aufgrund einer mit seinem Einverständnis erfolgten Freistellung nach § 38 BetrVG ändert.
  • Damit liegt ein Nachteil des Betriebsratsmitglieds, der nach § 78 Satz BetrVG ausgeglichen werden müsste, nicht vor. Eine Erstattung der Fahrtkosten würde vielmehr eine unzulässige Begünstigung des Betriebsratsmitglieds wegen seiner Amtsausführung darstellen.
  • Eine getroffene Vereinbarung des Betriebsratsmitglieds mit dem Arbeitgeber über die Kostenerstattung für regelmäßige Fahrten zwischen Wohnort und Betriebsratsbüro ist damit wegen einer unzulässigen Begünstigung gegenüber anderen Arbeitnehmern gem. § 134 BGB nichtig.