Variable Vergütung bei fehlender Zielvereinbarung

Im Rahmen von variablen Vergütungssystemen ist selten eine Regelung für die Frage vorgesehen, welche Konsequenzen sich daraus ergeben, dass keine Zielvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen wurde. Das LAG Hamm hat nun entschieden, dass aus einer fehlenden Zielvereinbarung nicht ohne weiteres abzuleiten sei, dass in diesem Fall eine Zielerreichung von 100% fiktiv zu Grunde zu legen ist.

In der Regel ist es eine Frage der Tatsachenermittlung, ob die Ursache für die fehlende Zielvereinbarung im Wesentlichen auf Seiten des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers zu sehen ist. Will der Arbeitnehmer trotz fehlender Zielvereinbarung die Auszahlung einer variablen Vergütung beanspruchen, trägt er nach der vorliegenden Rechtssprechung die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen sich der Inhalt einer möglichen Zielvereinbarung ergeben kann.

Nur in seltenen Fällen wird sich aus dem Vortrag des Arbeitnehmers ergeben können, dass der Arbeitgeber den Abschluss einer Zielvereinbarung treuwidrig vereitelt hat. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zum Abschluss einer Zielvereinbarung aufgefordert hat und der Arbeitgeber gleichwohl sich zum Abschluss der Zielvereinbarung nicht bereit erklärt. In diesem Fall würde der Rechtsgedanke des § 162 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommen mit der Folge, dass eine vollständige Zielerreichung fiktiv zu unterstellen ist.

In allen anderen Fällen, wo eine einseitige Verhinderung des Abschlusses einer Zielvereinbarung durch den Arbeitgeber nicht vorliegt bzw. nicht dargelegt und bewiesen werden kann, hat der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, was die Parteien nach Treue und Glauben unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Interessen im Rahmen einer Zielvereinbarung an Zielen und variabler Vergütung vereinbart hätten (LAG Hamm, Urteil vom 24. November 2004 – 3 Sa 13 25/04).

Praxistipp:

  • Die Tatsache, dass für einen bestimmten Zeitraum keine Ziele vereinbart oder einseitig vorgegeben worden sind, führt für sich alleine nicht zu einem Anspruch auf variable Vergütung in Höhe von 100%.
  • Der Arbeitnehmer muss Umstände dazu vorbringen, welche Inhalte eine Zielvereinbarung gehabt hätte.
  • Als Arbeitnehmer sollten Sie rechtzeitig gegenüber dem Arbeitgeber den Abschluss einer Zielvereinbarung geltend machen.
  • Arbeitgeber sind gut beraten, eine Clearing-Stelle für die Fälle einzurichten, in denen es zu keiner Einigung über eine Zielvereinbarung kommt.