ArbG Mainz: Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Schwangerschaft verstößt gegen das AGG

Verlängert der Arbeitgeber ein befristetes Arbeitsverhältnis wegen des Vorliegens einer Schwangerschaft der Arbeitnehmerin nicht, liegt ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vor. Wegen einer Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts hat die Arbeitnehmerin in diesem Fall Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des entgangenen Arbeitseinkommens sowie auf angemessene Entschädigung.

Der Sachverhalt

Die Beschäftigung der Klägerin bei der Beklagten beruhte auf einem befristeten Arbeitsvertrag. Im Laufe dieses befristeten Arbeitsverhältnisses wurde die Klägerin schwanger. Der Beklagte lehnte eine Weiterbeschäftigung der Klägerin ab. Daraufhin machte die Klägerin eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts geltend und verlangte Schadensersatz und eine Entschädigung.

Aus einem Telefongespräch, das der Beklagte mit ihrer Mutter geführt habe, ergebe sich, dass er das Arbeitsverhältnis nur wegen ihrer Schwangerschaft nicht verlängert habe. Dort habe der Beklagte nämlich auf die Frage nach den Gründen für die Nichtverlängerung mitgeteilt, dass der Grund hierfür die Schwangerschaft der Klägerin sei.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Mainz hat der Klage stattgegeben. Wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot hat die Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 15 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 AGG einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des entgangenen Arbeitseinkommens und auf Entschädigung in Höhe ihres immateriellen Schadens.

Wird nämlich ein befristeter Arbeitsvertrag nur wegen der Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin nicht verlängert, liegt ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes vor. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Grund für die Nichtverlängerung tatsächlich die Schwangerschaft der Arbeitnehmerin war, liegt zwar grundsätzlich bei der Klägerin. Allerdings konnte diese beweisen, dass der Beklagte im Telefongespräch mit ihrer Mutter die Schwangerschaft als Grund für die Nichtverlängerung angegeben hat. Damit konnte sie eine Indiztatsache dafür beweisen, dass die Nichtverlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses auf ihrer Schwangerschaft und damit auf einer Benachteiligung wegen ihres Geschlechts beruhte.

Damit hätte der Beklagte beweisen müssen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorlag. Eine Widerlegung der indizierten Benachteiligung gelang dem Beklagten jedoch nicht.

(ArbG Mainz vom 02.09.2008 – 3 Ca 1133/08)

Praxistipp:

  • Dieses Urteil zeigt deutlich, dass Arbeitgeber gut beraten sind, jegliche Auskünfte – seien sie auch nur mündlicher oder telefonischer Natur – zu unterlassen.
  • Das gilt insbesondere auch im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens bei der Ablehnung von Bewerbern.
  • Zwar muss grundsätzlich derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die Anspruchsvoraussetzungen darlegen und beweisen und damit den Vollbeweis führen, dass eine Ungleichbehandlung vorliegt.
  • Jedoch enthält § 22 AGG eine Beweiserleichterung für den Diskriminierten. Kann dieser nicht den Vollbeweis dafür erbringen, dass die Ungleichbehandlung wegen eines Diskriminierungsmerkmals erfolgt ist, reicht es aus, wenn er Indizien bzw. Vermutungstatsachen vorträgt und beweist, aus denen sich schließen lässt, dass die unterschiedliche Behandlung auf einem nach dem AGG unzulässigen Grund beruht.
  • Ausreichend für diesen Anscheinsbeweis ist die Überzeugung des Gerichts von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Diskriminierungsmerkmal und dem Nachteil.
  • Gelingt dies, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen Bestimmungen zum Schutz vor einer Benachteiligung vorgelegen hat.