BAG: Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen

Der Arbeitgeber kann im Arbeitsvertrag nicht eine jährliche Sonderzahlung zusagen und diese gleichzeitig unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt stellen. Dabei handelt es sich um eine intransparente und damit unwirksame Vertragsgestaltung.

Der Sachverhalt

Auf die Zahlung von Weihnachtsgratifikation in Höhe ihres Bruttomonatsgehalts geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, der im Arbeitsvertrag diese Gratifikation ausdrücklich zugesagt worden war.

Im Arbeitsvertrag war darüber hinaus geregelt, dass ein Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation nicht besteht und dass diese eine freiwillige, stets widerrufbare Leistung des Arbeitgebers darstellt, wenn sie gewährt wird.

Die Vorinstanzen hatten die Klage deshalb abgewiesen.

Die Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.

Der Arbeitgeber kann bei Sonderzahlungen – anders als bei laufendem Arbeitsentgelt – grundsätzlich einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung für künftige Bezugszeiträume ausschließen. Er kann sich die Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er künftig Sonderzahlungen gewährt.

Für die Wirksamkeit eines solchen Freiwilligkeitsvorbehalts kommt es nicht auf den vom Arbeitgeber mit der Sonderzahlung verfolgten Zweck an. Der Vorbehalt ist auch dann wirksam, wenn der Arbeitgeber mit der Sonderzahlung ausschließlich im Bezugszeitraum geleistete Arbeit zusätzlich honoriert.

Der Arbeitgeber muss auch nicht jede einzelne Sonderzahlung mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verbinden. Es genügt ein entsprechender Hinweis im Arbeitsvertrag.

Ein solcher Hinweis muss in einem Formulararbeitsvertrag allerdings dem Transparenzgebot gerecht werden. Er muss deshalb klar und verständlich sein.

Daran fehlt es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einerseits im Formulararbeitsvertrag eine Sonderzahlung in einer bestimmten Höhe ausdrücklich zusagt und eine andere Vertragsklausel in Widerspruch dazu regelt, dass der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung hat.

Bei den zur Zahlung der Weihnachtsgratifikation von den Parteien getroffenen Vereinbarungen handelt es sich um Allgemeine Vertragsbedingungen. Soweit diese einen Rechtsanspruch der Klägerin auf eine Weihnachtsgratifikation in Höhe ihres monatlichen Bruttogehalts ausschließen, widersprechen sie der Zusage des Arbeitgebers, der Klägerin eine Weihnachtsgratifikation in Höhe ihres monatlichen Bruttogehalts zu zahlen. Die Klauseln sind insoweit nicht klar und verständlich und deshalb unwirksam.

Widerrufs- und Freiwilligkeitsklauseln schließen sich aus. Der Widerruf einer Leistung durch den Arbeitgeber setzt einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung voraus. Hat der Arbeitnehmer auf Grund eines Freiwilligkeitsvorbehalts dagegen keinen Anspruch auf die Leistung, geht ein Widerruf der Leistung ins Leere.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. Juli 2008 – 10 AZR 606/07)

Praxistipp:

  • Sonderzahlungen können vom Arbeitgeber grundsätzlich unabhängig von deren Zweck unter einen Freiwilligkeitvorbehalt gestellt werden.
  • Eine entsprechende Klausel im Arbeitsvertrag genügt. Ein erneuter Hinweis zu jeder einzelnen Zahlung ist nicht notwendig.
  • Der Freiwilligkeitvorbehalt ist in Kombination mit einer festen Zusage jedoch widersprüchlich und damit unwirksam.
  • Die Sonderzahlung als solche muss bereits als freiwillige Leistung deklariert werden.
  • Gleichfalls sollte sich der Arbeitgeber zwischen Widerrufs- und Freiwilligkeitsvorbehalt entscheiden und nicht beides vereinbaren.
  • Eine Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt ist widersprüchlich und sollte deshalb vermieden werden.