BAG: Altersdiskriminierende Stellenausschreibung
Begrenzt ein Arbeitgeber eine interne Stellenausschreibung auf Arbeitnehmer im ersten Berufsjahr, so kann dies eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters gem. § 3 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sein, da Arbeitnehmer mit mehreren Berufsjahren typischerweise ein höheres Alter als Berufsanfänger aufweisen.
Der Sachverhalt
Im Jahr 2007 hatte der Arbeitgeber, der eine Reihe von Drogerieketten betreibt, interne Stellenausschreibungen wiederholt mit der Angabe „Tarifgruppe
./ erstes Berufsjahr“ versehen. Das Durchschnittsalter der beim Arbeitgeber beschäftigten Mitarbeiter beträgt hierbei im ersten Berufsjahr etwa 29 Jahre, im zweiten Berufsjahr etwas 36 Jahre und ab dem dritten Berufsjahr steigt das Lebensalter auf durchschnittlich 43 Jahre.
Der Betriebsrat des Betriebes R. sieht in der Angabe des ersten Berufsjahres in der internen Stellenausschreibung eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters und verlangt mit seinem Antrag, darauf zu verzichten. Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass eine etwaige Ungleichbehandlung jedenfalls durch sein berechtigtes Anliegen, mit dem Einsatz von Berufsanfängern Kosten zu sparen, gerechtfertigt sei.
Die Entscheidung
Das Arbeitsgericht wies den Antrag des Betriebsrates ab, während das Landesarbeitsgericht ihm statt gab.
Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Es war der Auffassung, dass der Arbeitgeber bei internen Stellenausschreibungen auf die Angabe des ersten Berufsjahres verzichten muss.
Die Begrenzung einer innerbetrieblichen Stellenausschreibung auf Arbeitnehmer im ersten Berufsjahr kann eine nach § 3 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen des Alters sein. Arbeitnehmer mit mehreren Berufsjahren weisen typischerweise gegenüber Arbeitnehmern im ersten Berufsjahr ein höheres Lebensalter auf. Eine solche Beschränkung kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber mit ihr ein rechtmäßiges Ziel verfolgt und sie zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist. Die Berufung des Arbeitgebers auf das knappe Personalbudget ist offensichtlich ungeeignet, um eine Beschränkung des Bewerberkreises auf jüngere Beschäftigte zu rechtfertigen.
Mangels Rechtfertigung durch die vom Arbeitgeber angeführten Kostengründe verstößt er damit grob gegen seine Pflicht zur diskriminierungsfreien Stellenausschreibung nach § 11 AGG. Dagegen kann der Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 AGG vorgehen.
(BAG, Beschluss vom 18.08.2009 – 1 ABR 47/08)
Praxistipp:
- Auch die mittelbare Benachteiligung stellt eine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verbotene Verhaltensweise dar.
- Die weniger günstige Behandlung erfolgt hierbei durch anscheinend neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren.
- Typischer Fall ist die mittelbare Benachteiligung von Frauen durch günstigere Regelungen nur für Vollzeitbeschäftigte (z.B. Sonderzahlungen nur für Vollzeitbeschäftigte), da überproportional viele Frauen teilzeitbeschäftigt sind.
- Bei groben Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz hat auch der Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch, den er gegenüber dem Arbeitgeber unabhängig und sogar gegen den Willen des Betroffenen geltend machen kann.