BAG: Kein Anspruch auf Urlaubsgeld bei dauernder Arbeitsunfähigkeit und fortbestehendem Arbeitsverhältnis

Die neuere Rechtsprechung des BAG, wonach Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung haben, wenn der Urlaubsanspruch aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums nicht gewährt werden kann, gilt nicht für fortbestehende Arbeitsverhältnisse.

Der Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten seit 1999 als Kraftfahrer beschäftigt. Kraft einzelvertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für die Holz- und Kunststoffverarbeitende Industrie in Rheinland-Pfalz (vom 17.03.1992) Anwendung, wonach unter anderem ein Anspruch auf Zahlung eines Urlaubsgeldes in Höhe von 60 Prozent des Urlaubsentgelts vorgesehen ist. Der Kläger erlitt im Februar 2005 einen Arbeitsunfall und war daher in der Folge über den 31. März 2006 hinaus arbeitsunfähig erkrankt. Nachdem er ursprünglich einen Urlaubsabgeltungsanspruch geltend gemacht hatte, stellte er den Antrag nach einem Hinweis des Gerichts entsprechend um und verlangte von der Beklagten die Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes für das Jahr 2005. Nach seiner Auffassung sei der Tarifvertrag dahingehend auszulegen, dass der Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld unabhängig von dem Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestehe.

Die Entscheidung

Nach der Entscheidung des BAG hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes, womit die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt wurden.

Der Anspruch auf Urlaubsgeld ist auch für den trotz Arbeitsunfähigkeit des Klägers fortbestehenden gesetzlichen Urlaubsanspruch aus dem Jahre 2005 derzeit nicht begründet. Die Beklagte schuldet keine Urlaubsvergütung, da dem Kläger bisher kein Urlaub gewährt wurde. Ebenso besteht kein Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers. Das folgt aus § 7 Absatz 4 BundesurlaubsG, wonach der Urlaub nur dann abzugelten ist, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.

Entgegen der Auffassung des Klägers besteht der Anspruch auf das tarifliche Urlaubsgeld auch nicht unabhängig von einem etwaigen Urlaubsabgeltungsanspruch. Im vorliegenden Fall ist das tarifliche Urlaubsgeld mit der Urlaubsvergütung verknüpft und damit erst dann zu zahlen, wenn auch ein Anspruch auf Urlaubsvergütung fällig ist.

(BAG, Urteil vom 19.05.2009 – 9 AZR 477/07)

Praxistipp:

  • Auch nach der neueren Rechtsprechung des BAG vom 24.03.2009 (9 AZR 983/07) haben Arbeitnehmer nur dann einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, wenn der Urlaubsanspruch aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums nicht gewährt werden kann und die Arbeitsunfähigkeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses angedauert hat. Zwingende Voraussetzung für die Urlaubsabgeltung ist somit nach wie vor die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Das folgt daraus, dass die Urlaubsabgeltung als Ersatzanspruch für die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr mögliche Befreiung von der Arbeitspflicht entsteht.
  • Nach § 143 Absatz 2 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit von Arbeitstagen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, für die der Arbeitnehmer Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen hat.