BAG: Aufbewahrung von Gesundheitsdaten in Personalakte

Soweit sensible Gesundheitsdaten in die Personalakte aufzunehmen sind, hat der Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass dies unter Berücksichtigung seiner Interessen geschieht. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Daten in besonderer Weise aufzubewahren.

Im vorliegenden Fall hatte das BAG darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer Anspruch auf besondere Aufbewahrung eines Aktenvermerks in der Personalakte hat, der seine Alkoholkrankheit zum Gegenstand hatte.

Zunächst stellte das BAG fest, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen hat. Diese Grundsätze hätten auch für die Führung von Personalakten Bedeutung, denn das durch Art. 1 und Art. 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht sei auch im Privatrechtsverkehr und damit im Arbeitsverhältnis zu beachten.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze den Arbeitnehmer vor der Offenlegung personenbezogener Daten und zwar auch solcher, von denen der Arbeitgeber in zulässiger Weise Kenntnis erlangt hat.

Das BAG führt weiter aus, dass dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers allerdings auch Grundrechte des Arbeitgebers gegenüberzustellen sind. Im Rahmen einer Güter- und Interessenabwägung sei zu klären, ob das Recht des Arbeitgebers auf lückenlose Führung einer Personalakte Vorrang habe vor dem Interesse des Arbeitnehmers auf Schutz seiner Persönlichkeitssphäre.

Das BAG kommt zum Ergebnis, dass der Arbeitgeber mit der ungeschützten Aufbewahrung des Aktenvermerks mit medizinischem Inhalt das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers rechtswidrig verletzt.

Zwar habe der Arbeitgeber ein legitimes Anliegen, dass von ihm geführte Personalakten vollständig seien. Denn sie sollen möglichst lückenlos über die Person des Angestellten und seine dienstliche Laufbahn Aufschluss geben. Der Arbeitgeber habe grundsätzlich ein überwiegendes Interesse, für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Informationen über die Persönlichkeit und Gesundheit des Arbeitnehmers zum Zwecke einer berechtigten späteren Verwertung zu sammeln. Dies gilt auch für Hinweise, die auf eine Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers hinweisen. Solche Erkrankungen können bei negativer Zukunftsprognose unter Umständen eine krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitnehmers rechtfertigen. Für eine solche negative Prognose stellt die Rechtsprechung vor allem darauf ab, ob es sich um einen Rückfall nach erfolgter Therapie handelt. Um diesbezüglich einen Nachweis führen zu können, benötigt der Arbeitgeber entsprechende Informationen der Personalakte des Arbeitnehmers.

Diese berechtigten Interessen des Arbeitgebers sind nach Auffassung des BAG allerdings am Schutz des Persönlichkeitsrechts zu messen. selbst wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Aufbewahrung des Aktenvermerks hat, bedeutet dies nicht ohne weiteres das Recht, ihn ungeschützt in der Personalakte abheften zu dürfen. Die Personalakten dürfen nicht allgemein zugänglich sein müssen sorgfältig verwahrt werden. Zudem muss der Arbeitgeber die Informationen vertraulich behandeln oder für die vertrauliche Behandlung durch die Sachbearbeiter Sorge tragen und den Kreis der mit Personalakten befassten Beschäftigten möglichst eng halten. Zwar hat die Arbeitgeberin diese allgemeinen Anforderungen erfüllt. Hieraus folgt nach Auffassung des BAG allerdings nicht, dass für besonders sensible Daten kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine weitergehende besonders geschützte Aufbewahrung besteht.

Da Personalakten routinemäßig aus unterschiedlichen Gründen eingesehen würden, etwa bei Urlaubserteilung, Erstellung von Beurteilungen, etc., und eine Kenntnisnahme sensible Gesundheitsdaten in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich ist, dürfen solche Schreiben nicht offen in der Personalakte aufbewahrt werden, so dass sie eingesehen oder zufällig zur Kenntnis genommen werden können.

Schlussendlich hat das BAG den geltendgemachten Anspruch des Arbeitnehmers auf Aufbewahrung in einem geschlossenen Umschlag und beschränkten Einsichtsrecht von Personalleiter und Stellvertreter gewährt und darin keinen unzulässigen Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers gesehen.

(BAG, Urteil vom 12.9.2006 – 9 AZR 271/06)