Entschädigung nach § 15 AGG steuerpflichtig?

Noch gibt es keinen finanzgerichtliche Entscheidung zur Frage, ob Entschädigungen wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) steuerpflichtig sind. Diese Frage ist differenziert zu beantworten.

Schadensersatzansprüche nach § 15 Abs. 1 AGG können zwei verschiedenen Zwecken dienen: einerseits dem Ausgleich entgangener Einnahmen, andererseits der Kompensation anderer Schadenspositionen.

Im ersten Fall liegt eine Steuerpflicht vor, weil der Schadenersatz den Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen bildet (§ 24 Nr. 1a EStG).

Im zweiten Fall liegt keine Steuerpflicht vor, weil der Anspruchsinhaber damit lediglich notwendige Ausgaben (z.B. Arztkosten) abdeckt.

Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG gleicht immaterielle Schäden des benachteiligten Arbeitnehmers aus. Weil der Arbeitgeber mit der Entschädigungszahlung einen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers wegen schuldhafter Verletzung arbeitsvertraglicher Fürsorgepflichten erfüllt, besteht diesbezüglich keine Steuerpflicht des Arbeitnehmers. Dies gilt natürlich auch für einen Stellenbewerber im vorvertraglichen Anbahnungsverhältnis.

Zu beachten ist, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen von Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag keine Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich der Steuerpflicht haben. Die wahrheitswidrige Bezeichnung eines Schadenersatzanspruchs als Entschädigungsanspruch führt keinesfalls zu einer Vermeidung der Steuerpflicht.

In solchen Fällen geht der Arbeitgeber das Risiko ein, nachträglich einer Steuererstattungspflicht unterzogen zu werden.

Es bleibt abzuwarten, ob die finanzgerichtliche Rechtsprechung diese Rechtsauffassung bestätigen wird.