BAG: Rückzahlung von Ausbildungskosten

Klauseln, nach denen der Arbeitgeber zur Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten verpflichtet ist, unterliegen der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Die hierzu entwickelten Grundsätze können auch auf eine nachträgliche Rückzahlungsvereinbarung anwendbar sein.

Der Sachverhalt

Seit März 2004 war die Klägerin bei der Beklagten als Apothekenhelferin beschäftigt. Im Rahmen einer Fortbildung von Oktober 2004 bis Januar 2005 nahm sie an einer Fortbildung „Fachberaterin Dermokosmetik“ an zwei dreitägigen und an einer zweitägigen Fortbildungsveranstaltung teil. Die Kosten der Ausbildung wurden hierbei von der Beklagten übernommen, für die Zeit der Teilnahme an den Fortbildungsveranstaltungen erfolgte jedoch keine Vergütung.

Nach Abschluss der Fortbildung äußerte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Wunsch, die Fortbildungszeit als Arbeitszeit vergütet zu bekommen, da ihr Arbeitszeitkonto ein Minus aufwies. Unter der Voraussetzung des Abschlusses einer Rückzahlungsvereinbarung erklärte sich die Beklagte hiermit einverstanden.
Hierbei handelte es sich um eine formularmäßige Vereinbarung mit folgendem Inhalt:

Bei einem Ausscheiden innerhalb eines Jahres nach Ausbildungsende muss die Klägerin die Fortbildungskosten in voller Höhe und bei einem Ausscheiden innerhalb des zweiten Jahres anteilig, gemindert um 1/12 für jeden Monat, den sie über ein Jahr hinaus im Betrieb der Beklagten verblieben wäre, zurückzahlen.

Als die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis zum 31.01.2006 kündigte, behielt die Beklagte von ihrem letzten Gehalt ca. 1.200 € ein. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die Klägerin die Unwirksamkeit der Rückzahlungsvereinbarung geltend.

Die Entscheidung

Nachdem sowohl das Arbeits- als auch das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen hatten, hatte die hiergegen gerichtete Revision vor dem BAG Erfolg.

Die zwischen den Parteien geschlossene Rückzahlungsvereinbarung ist unwirksam. Da die Beklagte somit keinen Anspruch auf teilweise Rückzahlung der Fortbildungskosten hatte, durfte sie auch keinen entsprechenden Betrag vom letzten Gehalt der Klägerin einbehalten.

Klauseln über die Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten unterliegen grundsätzlich einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Voraussetzung für eine Rückzahlungsklausel ist danach, dass die Ausbildung von geldwertem Vorteil für den Arbeitnehmer ist und dieser nicht unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis gebunden wird. Ist eine zu lange Bindungsdauer vereinbart, führt dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der ganzen Rückzahlungsklausel, so dass überhaupt kein Rückzahlungsanspruch besteht.

Ob dies grundsätzlich auch für den Fall gilt, dass die Rückzahlungsvereinbarung erst nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme getroffen wurde, hat das BAG hier offen gelassen. Jedenfalls sind die allgemeinen Grundsätze dann zu beachten, wenn der Arbeitgeber wie hier zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts während der Schulungsmaßnahme verpflichtet war, die Zahlung trotz eindeutiger Rechtslage verweigert hat und daraufhin nachträglich eine Rückzahlungsvereinbarung getroffen wird, nach der der Arbeitgeber die Teilnahme an der Maßnahme zu vergüten und der Arbeitnehmer unter bestimmten Umständen die Kosten zu erstatten hat.

(BAG, Urteil vom 15.09.2009 – 3 AZR 173/08)

Praxistipp:

  • Bei der Formulierung von Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen sind zahlreiche Kriterien zu berücksichtigen, um eine Unwirksamkeit zu verhindern.
  • Entscheidend sind vor allem Dauer und Umfang der Fortbildungsmaßnahme, Höhe der Fortbildungskosten, Steigerung des Marktwertes des Arbeitnehmers durch die Fortbildung sowie das Eigeninteresse des Arbeitnehmers an der Fortbildung, das das Interesse des Arbeitgebers übersteigen muss.
  • Für die Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung muss die Erstattungspflicht dem Arbeitnehmer außerdem zumutbar sein. Die Zumutbarkeit richtet sich insbesondere nach der Bindungsdauer des Arbeitnehmers:
    – Weiterbildungsdauer von bis zu 6 Monaten (ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung): höchstens eine einjährige Bindungsdauer.
    – Weiterbildungsdauer von 6 Monaten bis zu einem Jahr (ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung): höchstens eine dreijährige Bindungsdauer.
    – Weiterbildungsdauer von mehr als zwei Jahren (ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung): höchstens eine fünfjährige Bindungsdauer.
  • Bei diesen Angaben handelt es sich allerdings lediglich um Richtwerte, entscheidend sind immer der Einzelfall und die zugrundeliegenden Umstände.
  • Im Hinblick auf die Zumutbarkeit ist außerdem entscheidend, dass der zu erstattende Betrag zeitanteilig zur Bindungsdauer gestaffelt ist.
  • Keine Rückzahlung kann der Arbeitgeber dann verlangen, wenn die Weiterbildung auf Weisung oder auf Anordnung des Arbeitgebers erfolgt ist.
  • Das gleiche gilt, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Bindungszeit durch den Arbeitgeber ohne Verschulden des Arbeitnehmers veranlasst wurde.