Betriebsbedingte Kündigung – Sozialauswahl und Bildung von Altersgruppen

Im vorliegenden Fall hatte sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage zu befassen, welche Kriterien vorliegen müssen, damit die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses mit der Erhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs begründet werden kann (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG).

Prüfungsschema

Das BAG stellt fest, dass für diesen Tatbestand folgende Prüfungsreihenfolge einzuhalten ist:

  • Bildung von Altersgruppen
  • Ermittlung des Anteils der potentiellen Kündigungsadressaten in den jeweiligen Altersgruppen
  • Errechnung des Verteilungsschlüssels der geplanten Kündigungen auf die einzelnen Altersgruppen
  • Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer in den einzelnen Altersgruppen anhand der Sozialkriterien des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG

5-Jahresschritte

Hinsichtlich der Altersgruppen hält das BAG fest, dass deren Bildung in 5-Jahresschritten nicht grundsätzlich zu einer Verzerrung des Gesamtbildes bei den zu berücksichtigenden sozialen Gesichtspunkten führe und nicht deshalb schon die soziale Auswahl stets als sozial ungerechtfertigt erscheinen lasse. Eine gewisse Verzerrung der sozialen Auswahl ist nämlich jeder Gruppenbildung – egal in welchen Altersschritten – immanent. Im Übrigen hat bei der Bildung von Altersgruppen der Arbeitgeber auch einen gewissen Beurteilungsspielraum.

Betriebliche Nachteile

Darüber hinaus ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig dahingehend, dass ohne Erhaltung einer ausgewogenen Altersstruktur im Betrieb konkrete Nachteile entstehen würden. Das Gewicht der vom Arbeitgeber befürchteten Nachteile und die Schlüssigkeit seines Vortrags sind dabei einer strengen Überprüfung zu unterziehen (BAG, Beschluss vom 20. April 2005 – 2 AZR 201/04).

Praxistipp:

  • Die Kündigung einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern kann durch die Erhaltung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebs gesteuert werden (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG).
  • Gerechtfertigt werden kann damit nur die Erhaltung, nicht die Schaffung einer ausgewogenen Personalstruktur (an-ders in der Insolvenz, § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO).
  • Bei der Bildung von Altersgruppen hat der Arbeitgeber einen gewissen Beurteilungsspielraum
  • 5-Jahresschritte sind angemessen.
  • Es empfiehlt sich für Arbeitgeber eine sorgfältige Vorbereitung der Argumentation über die Notwendigkeit der Erhaltung der ausgewogenen Altersstruktur.