Vertrauensarbeitszeit – Anspruch des Betriebsrats auf Mitteilung der tatsächlichen Arbeitszeit einzelner Beschäftigter

Das LAG Niedersachen beschäftigt sich in der vorliegenden Entscheidung mit der Frage, ob der Arbeitgeber den Betriebsrat auch im Falle von Vertrauensarbeitszeit Auskunft über die exakten Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu geben hat.

Ziele der Vertrauensarbeitszeit

Im Falle der Vertrauensarbeitszeit gibt der Arbeitgeber keine Zeiten vor, zu denen der Arbeitnehmer seine Dienste erbringen soll. Vorgegeben wird nur ein täglicher Zeitrahmen, in dem gearbeitet werden kann. Alles weitere ist dem Arbeitnehmer überlassen. Es erfolgen keine Zeiterfassung und auch keine Zeitkontrolle. Damit entfallen auch Arbeitzeitkonten. Der Arbeitgeber kann zwar nicht feststellen, ob der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitszeit tatsächlich einhält. Das wird aber nicht als erforderlich angesehen. Der Arbeitgeber sieht seine Interessen hinreichend gewahrt, weil er die Leistung des Arbeitnehmers anhand des Arbeitsergebnisses einschätzen kann.

Kollektivrechtliche Pflichten

Obwohl der Arbeitgeber glaubt, auf die Erfassung der Arbeitszeit verzichten zu können, ist er jedoch dem Betriebsrat gegenüber verpflichtet, Informationen hinsichtlich der Arbeitszeit der Arbeitnehmer in Vertrauensarbeitszeit zur Verfügung zu stellen. Dies hat schon das Bundesarbeitsgericht in einem Beschluss vom 06. Mai 2003 festgestellt.

Prüfungspflicht des Betriebsrats

Das LAG Niedersachsen schließt sich nun dieser Auffassung des BAG an. Im Einzelnen führt es aus, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat aufgrund der §§ 80 Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG die exakten Arbeitzeiten der Mitarbeiter zur Verfügung stellen muss. Dies gilt deshalb, weil der Betriebsrat in die Lage versetzt werden muss, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften (§ 3 ArbZG) sowie etwaiger tariflicher oder betrieblicher Vorschriften zu überprüfen.

Zeiterfassungspflicht

Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, dass er die gewünschten Unterlagen selbst nicht besitzt. Aufgrund der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist Ersterer verpflichtet, die gewünschten Zeitdaten der Arbeitnehmer zu erfassen. Denn der Arbeitnehmer ist aufgrund der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (§ 16 Abs. 2) verpflichtet, die Arbeitzeitdaten der Arbeitnehmer zu erfassen. Es ist ihm allenfalls möglich, die Arbeitszeiterfassung an die Arbeitnehmer selbst zu delegieren. Darüber hinaus darf der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht auf dessen Möglichkeit zur eigenständigen Informationsbeschaffung nach § 80 Abs. 2, Abs. 3 BetrVG verweisen.

Die Zielsetzung des Arbeitgebers, mittels Vertrauensarbeitszeit auf die Erfassung der Arbeitszeit vollständig zu verzichten, ist aufgrund der betrieblichen Mitbestimmungsrechte nicht möglich (LAG Niedersachen, Beschluss vom 08. November 2004 – 5 TaBV 36/04).

Praxis-Tipp:

  • Dem Betriebsrat steht auch bei innovativen und flexiblen Arbeitszeitsystemen ein umfassender arbeitzeitrechtlicher Auskunftsanspruchgemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu.
  • Die erfolgreiche und weitgehend unkomplizierte Praktizierung von Vertrauensarbeitszeit hängt – noch mehr als bei anderen Arbeitszeitsystemen – vom Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ab.
  • Aufgrund des Auskunftsanspruchs des Betriebsrats aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG und der Aufzeichnungspflicht nach § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz sollte die Erfassung der Arbeitszeit durch die Arbeitnehmer selbst erfolgen, um eventuellen Gesetzesverstößen vorbeugen zu können.