LAG Köln: Gesetzliche Altersgrenze von 35 Jahren für den Erwerb einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ist rechtmäßig.

Die gesetzliche Regelung des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG), wonach die Unverfallbarkeit einer betrieblichen Altersversorgung erst nach Erreichen der dort festgelegten Altersgrenze eintritt, verstößt nicht gegen ein etwaiges allgemeines europarechtliches Verbot der Altersdiskriminierung.

Der Sachverhalt

Der Kläger dieses Verfahrens war von den Jahren 1959 bis 1977 bei einem Unternehmen beschäftigt, über dessen Vermögen 1989 das Konkursverfahren eröffnet wurde. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Unternehmen hatte der Kläger das 35. Lebensjahr noch nicht erreicht. Nach Eintritt in den Ruhestand beantragte der Kläger bei dem für die Pensionsverbindlichkeiten haftenden Pensionssicherungsverein, Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung für seine Dienstzeit bei dem früheren Arbeitgeber zu gewähren.

Der beklagte Pensionssicherungsverein war der Auffassung, der Kläger habe deshalb keine Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung erworben, weil er zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Unternehmen das 35. Lebensjahr nicht vollendet hatte. Deshalb lehnte er die Gewährung von Ansprüchen aus der betrieblichen Altersversorgung ab. In der ersten Instanz wies das zuständige Arbeitsgericht den Anspruch des Klägers zurück und folgte damit der Argumentation des Pensionssicherungsvereins.

Die Entscheidung

Auch das LAG Köln stellte fest, dass ein Anspruch des Klägers auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung nicht gegeben sind. Die im damaligen § 1 Abs. 1 BetrAVG bestehende Altersgrenze von 35 Lebensjahren verstoße nicht gegen höherrangiges Europarecht.

Selbst wenn diese gesetzliche Regelung an einem infolge der Mangold-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs möglicherweise bestehenden allgemeinen europarechtlichen Verbots der Altersdiskriminierung zu messen sei, so bestünde doch zumindest ein Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung. Die gesetzliche Altersgrenze für den Erwerb unverfallbarer Versorgungsanwartschaften habe die Aufgabe, einen Ausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen herzustellen. Wäre der Arbeitgeber verpflichtet, ohne eine Grenze der Unverfallbarkeit Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren, so könne dies dazu führen, dass der Arbeitgeber selbst bei kürzesten Betriebszugehörigkeiten geringste Anwartschaften über einen sehr langen Zeitraum zu verwalten habe.

In Betracht zu ziehen sei ebenfalls, dass jüngere Arbeitnehmer durch diese Altersgrenze des BetrAVG weniger stark belastet würden als ältere Arbeitnehmer. Den jüngeren Arbeitnehmern stünden verhältnismäßig lange Zeiträume zum Ausgleich für den Verlust von Anwartschaften zur Verfügung.

Insgesamt stellten nach Ansicht des LAG Köln die Altersgrenzen des BetrAVG ein legitimes Ziel zur Vermeidung unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands im Sinne der Europäischen Richtlinie 2000/78/EG dar.

(LAG Köln, Urteil vom 18.01.2008 – 11 Sa 1077/07)

Praxistipp:

  • § 2 Abs. 2 AGG sieht vor, dass für die betriebliche Altersvorsorge das Betriebsrentengesetz gilt. Man könnte nun meinen, das AGG sei auf den gesamten Bereich der betrieblichen Altersvorsorge nicht anzuwenden.
  • Das BAG hat einer solchen „Bereichsausnahme“ eine Absage erteilt. Mit Urteil vom 11.12.2007 – 3 AZR 249/06 – hat das BAG festgestellt, dass lediglich bei einem Widerspruch zwischen dem AGG und dem BetrAVG (Betriebsrentengesetz) die Regelungen des BetrAVG im Sinne einer Kollisionsregel Vorrang haben.
  • Für den gesamten restlichen Bereich der betrieblichen Altersvorsorge (Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen) gilt das AGG.
  • Somit werden voraussichtlich eine große Anzahl von Regelungen in Versorgungsordnungen von Unternehmen aufgrund des AGG unwirksam sein.
  • Haupternährerklauseln (Zahlung an männliche Hinterbliebene einer weiblichen Arbeitnehmerin nur bei Unterhalt der Familie überwiegend durch die weibliche Arbeitnehmerin) wurden vom BAG bereits als unwirksam beurteilt.
  • Der Ausschluss gleichgeschlechtlicher Lebenspartner von einer Hinterbliebenenversorgung ist nach Auffassung der EuGH ebenfalls unwirksam.
  • Ob Altersabstandsklauseln nach europarechtlichen Vorgaben diskriminierend sind, wird zur Zeit vom EuGH beurteilt.