Sperrzeit bei Aufhebungsvertrag mit leitendem Angestellten
Schließt ein leitender Angestellter mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag, so stellt dies keinen relevanten Sperrzeittatbestand nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III dar.
Durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages liegt in der Regel ein Sperrzeittatbestand im Sinne des Arbeitsförderungsrechtes vor. In diesem Fall hat der Beschäftigte durch Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses die Arbeitslosigkeit grobfahrlässig herbeigeführt. Etwas anderes gilt dann, wenn der Arbeitnehmer für sein Verhalten einen wichtigen Grund gehabt hat.
Nach der bisherigen Rechtssprechung des Bundessozialgerichts kann sich ein Arbeitnehmer im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag auf einen wichtigen Grund dann berufen, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen Kündigung droht und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten ist. Im vorliegenden Fall hat das Bundessozialgericht seine Rechtssprechung dahingehend erweitert, dass ein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe auch dann vorliegt, wenn sich der Arbeitnehmer wegen seiner Eigenschaft als leitender Angestellter gegen einen Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG nicht wehren konnte.
Für das BSG spielt es dabei keine Rolle, ob die dem leitenden Angestellten angedrohte Kündigung im Endergebnis sozial gerechtfertigt gewesen wäre oder nicht. Denn im Rahmen der Prüfung des wichtigen Grundes gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ist das Recht des Arbeitgebers für den Fall der Sozialwidrigkeit einer Kündigung ohne Begründung einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu stellen, dem das Arbeitsgericht dann stattgeben muss, allein dem Fall der objektiv rechtmäßigen Kündigung gleichzusetzen. Somit ist wesentlich für die Annahme, bei drohender rechtmäßiger Kündigung könne ein wichtiger Grund vorliegen, die Überlegung, dass sich der Betroffene gegen eine solche Kündigung nicht erfolgreich zur Wehr setzen kann.
Das BSG führt weiter aus, dass ein wichtiger Grund für die Lösung des Arbeitsverhältnisses keineswegs nur in den Fällen in Betracht kommt, in denen die Unzumutbarkeit des Abwartens der arbeitgeberseitigen Kündigung darauf beruht, dass Nachteile für das berufliche Fortkommen zu befürchten sind. Dies ist vielmehr nur einer der in Betracht zu ziehenden Gesichtspunkte. Dementsprechend können auch sonstige Umstände zu einem wichtigen Grund führen. Durch die Sperrzeitregelung des § 144 SGB III soll die Solidargemeinschaft vor der Inanspruchnahme durch Leistungsberechtigte geschützt werden, die den Eintritt des versicherten Risikos der Arbeitslosigkeit selbst herbeigeführt haben. In der vorliegenden Fallgestaltung, in der sich der Kläger als leitender Angestellter gegen eine Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wehren konnte, ist nach dem oben dargestellten Sinn und Zweck der Sperrzeitregelung bereits sein Interesse, sich durch den Aufhebungsvertrag wenigstens die ihm angebotene Abfindung zu sichern, im Rahmen der Prüfung des wichtigen Grundes als schützenswert anzusehen, ein wichtiger Grund also bereits unter diesem Aspekt zu bejahen.
Zwar ist nach der bisherigen Rechtssprechung des BSG das Interesse, eine Abfindung zu erhalten, für sich allein nicht geeignet, die Annahme eines wichtigen Grund zu rechtfertigen. Umgekehrt ist jedoch eine Abfindung auch kein Ausschlussgrund für die Annahme eines wichtigen Grundes. Nach Auffassung des BSG bedarf es daher in der vorliegenden Konstellation keiner weiteren besonderen Umstände, die ein Abwarten der Kündigung unzumutbar erscheinen lassen (BSG Urteil vom 17. November 2005, B 11 A/11 AL 69/04 R)
Praxistipp:
- Ein leitender Angestellter kann mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag schließen, ohne dass hierfür eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt würde.
- Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber den leitenden Angestellten darauf hinweist, dass im Falle des unterbleibenden Abschlusses des Aufhebungsvertrages eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wird.
- Erforderlich ist weiterhin, dass der Arbeitgeber dem leitenden Angestellten im Falle der Sozialwidrigkeit der Kündigung seine Berechtigung zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 KSchG deutlich macht.
- Zu beachten ist in jedem Fall, ob der Arbeitnehmer wirklich leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist. Darauf ist deshalb besonders zu achten, weil in der Praxis sehr viele, als leitende Angestellte bezeichnete Arbeitnehmer diese Eigenschaft in Wirklichkeit nicht besitzen.