Urlaubsübertragung durch betriebliche Übung

Ein Arbeitnehmer kann den Urlaub des Vorjahres bis zum Ende des Folgejahres beanspruchen, wenn ihm dies durch eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber oder durch eine betriebliche Übung gewährt wurde.

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen die Abgeltung von Resturlaubsansprüchen aus dem Vorjahr geltend gemacht. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, § 7 Abs. 4 BUrlG. Da der Abgeltungsanspruch den gleichen Voraussetzungen wie der Urlaubsanspruch selbst unterliegt, wäre der hier im Streit stehende Urlaubsanspruch des Vorjahres mit Ablauf des 31. März erloschen, § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG.

Eine Gewährung des gesetzlichen Urlaubs ist nach Ablauf des Übertragungszeitraums nicht möglich, weil es eine Übertragung auf einen weiteren, nicht näher bestimmten Zeitraum nicht gibt. Den Parteien bleibt in diesem Fall nur, die Begründung und Erfüllung eines außergesetzlichen Urlaubs zu vereinbaren, was in der Praxis weitgehend stillschweigend geschieht. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers hierzu besteht allerdings nicht.

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber den Urlaub des Vorjahres nicht im Wege einer Vereinbarung als außergesetzlichen Urlaub über den 31. März des laufenden Jahres hinaus gewährt. Aus diesem Grund hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden, ob die Begründung eines außergesetzlichen Urlaubs im Wege einer betrieblichen Übung erfolgte.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass von dem gesetzlichen Übertragungszeitraum grundsätzlich auch im Rahmen einer betrieblichen Übung zu Gunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG, der lediglich eine Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen zu Ungunsten des Arbeitnehmers verbietet. Konkret konnte also der Arbeitnehmer im Falle einer betrieblichen Übung den Urlaub des Vorjahres bis zum Ende des Folgejahres beanspruchen. Diese Regelung beinhaltet auch die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Urlaub dann abzugelten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf des vertraglichen Übertragungszeitraums endet.

Der Arbeitnehmer muss allerdings darlegen und beweisen, dass der Arbeitgeber einen entsprechenden Verpflichtungswillen hinsichtlich der verlängerten Urlaubsübertragung gebildet und dem Arbeitnehmer gegenüber geäußert hat. Dieser Beweispflicht kann der Arbeitnehmer dadurch nachkommen, dass er für möglichst viele Arbeitnehmer des Unternehmens auflistet, in welchen Jahren wie viele Urlaubstage über den 31. März hinaus übertragen wurden. Hieraus lässt sich das Entstehen einer betrieblichen Übung zu Gunsten des Arbeitnehmers ableiten (BAG, Urteil vom 21. Juni 2005 – 9 AZR 200/04).

Praxistipp:

  • Überträgt ein Arbeitgeber regelmäßig Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr über den 31. März des aktuellen Jahres hinaus, läuft er Gefahr, diese Urlaubsansprüche bei Ausscheiden eines Mitarbeiters abgelten zu müssen.
  • Arbeitgeber sollten Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr konsequent bis spätestens 31. März des aktuellen Jahres abbauen lassen.
  • In keinem Fall sollte Urlaubsanspruch über den 31. März des aktuellen Jahres gewährt werden.