Vertretung als Sachgrund für die Befristung

Die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Vertretung eines zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters ist nach der ständigen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts als Befristungsgrund anerkannt. In den §§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG und § 21 Abs. 1 BErzGG ist dies gesetzlich normiert. Im vorliegenden Fall hatte das BAG zu entscheiden, ob die Befristungsdauer des Ersatzarbeitsverhältnisses kürzer sein darf, als die Abwesenheit der Stammarbeitskraft.

Mit der Argumentation, dem Arbeitgeber steht es frei, den Arbeitsausfall überhaupt zu überbrücken, spricht sich das BAG dafür aus, dass dem Arbeitgeber auch die Entscheidung verbleibe, die Vertretung nur für eine kürzere Zeit zu regeln. Für die gesetzlichen Vertretungsfälle nach § 21 Abs. 1 BErzGG habe der Gesetzgeber zudem ausdrücklich bestimmt, dass die Befristung auch „über Teile“ der Vertretungszeit erfolgen kann. Deshalb stelle ein Zurückbleiben der Befristungsdauer hinter dem voraussichtlichen Bestand des Befristungsgrundes den Befristungsgrund selbst nicht in Frage.

Das BAG macht aber deutlich, dass aus der gewählten Befristungsdauer nicht zu entnehmen sein darf, dass der Sachgrund für die Befristung lediglich vorgeschoben ist. Dies sei jedoch nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, dass der zu vertretende Arbeitnehmer seine Arbeit wieder aufnehmen werde.

Der Arbeitgeber muss bei der Beurteilung, ob ein Sachgrund für die Vertretung vorliegt oder nicht, eine Prognose anstellen, wann der Vertretungsbedarf voraussichtlich wieder wegfällt. Diese Prognose hat sich darauf zu beziehen, ob zu erwarten ist, dass der zu vertretende Arbeitnehmer seinen Dienst wieder antreten wird. Dagegen braucht bei der Prognoseentscheidung der Arbeitgeber keine Rücksicht darauf zu nehmen, zu welchem Zeitpunkt mit der Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters zu rechnen ist.

Auch wiederholte Befristungen wegen der mehrfachen Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehen der Prognose des künftigen Wegfalls des Vertretungsbedarfs nicht entgegen. Der Arbeitgeber kann auch bei mehrfacher Vertretung davon ausgehen, dass die zu vertretende Stammkraft an ihren Arbeitsplatz zurückkehren wird (BAG, Urteil vom 13.10.2004 – 7 AZR 654/03).

Praxistipp:

  • Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, die gesamte Abwesenheit einer zu vertretenden Stammkraft mit einer befristeten Ersatzkraft abzudecken. Die Vertretung darf auch für eine kürzere Zeit vorgenommen werden.
  • Arbeitgeber müssen eine Prognose über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfes vornehmen. Es muss zu erwarten sein, dass der zu vertretende Arbeitnehmer seinen Dienst wieder antreten wird.
  • Wiederholte Befristungen wegen der Verhinderung der zu vertretenden Stammkraft stehen einer erneuten befristeten Vertretung nicht entgegen.
  • Zwischen der Vakanz durch die Verhinderung der Stammkraft und dem Einsatz der Ersatzkraft muss ein kausaler Zusammenhang bestehen.
  • Arbeitgeber sollten sorgfältig die Tätigkeitsbereiche der Stammkraft und der Ersatzkraft dokumentieren um im Streitfall eine Kausalität darlegen und beweisen zu können.
  • Auch die Prognose, dass die Stammkraft wieder zurückkehren wird, sollte vom Arbeitgeber aufgezeichnet werden.