Zugang der Kündigung unter Anwesenden
Ob eine Kündigung wirksam zugegangen ist, wenn dem Arbeitnehmer lediglich eine Kopie des Kündigungsschreibens ausgehändigt wurde, das Original jedoch beim Arbeitgeber verblieb, dies hatte das BAG hier zu entscheiden.
Ein Arbeitgeber hatte eine Vielzahl von Kündigungen in der Weise ausgesprochen, dass er ein Original, sowie eine Kopie des Kündigungsschreibens ausfertigte. Auf der Kopie ließ er den jeweiligen Arbeitnehmer eine Empfangsbestätigung unterzeichnen, das Original übergab er dem Arbeitnehmer. Bei einigen der Kündigungen wurden jedoch die beiden Dokumente vertauscht, so dass die Empfangsbestätigung auf das Originalkündigungsschreiben gesetzt wurde und die Kopie ausgehändigt wurde.
Strittig war nun, ob die Aushändigung der Kopie dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB entsprach. Das Schriftformerfordernis ist dann gewahrt, wenn die Kündigung dem Arbeitnehmer zugegangen ist. Für den Zugang einer verkörperten Erklärung unter Anwesenden genügen die Aushändigung und die Übergabe des Schriftstücks, so dass der Empfänger in der Lage ist vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Das BAG führt aus, dass das Gesetz sicherstellen will, dass in Fällen einer empfangsbedürftigen Willenserklärung erst mit rechtzeitiger Informationsmöglichkeit des Empfängers die Willenserklärung wirksam wird. Für den Zugang eines Schriftstücks unter Anwesende ist damit ausreichend, wenn im Adressaten das Schriftstück nur zum Durchlesen überlassen wird, es sei denn, dem Empfänger ist die für ein Verständnis nötige Zeit nicht verblieben.
Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass die Kündigung trotz Aushändigung einer Kopie dann zugegangen ist, wenn dem Arbeitnehmer für das Durchlesen und Verstehen der Kündigungserklärung ausreichend Zeit verblieben ist. Dies wurde im vorliegenden Fall nicht bestritten und war demnach gegeben.
Für das Wirksamwerden einer Kündigungserklärung ist demnach nicht zwingend erforderlich, dass der Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben im Original erhält. Der Arbeitgeber muss jedoch nachweisen können, dass der Arbeitnehmer vom Kündigungsschreiben Kenntnis erlangt hat (BAG, Urteil vom 04.11.2004 – 2 AZR 17/04).
Praxistipp:
- Um den Zugang einer Kündigung wirklich zweifelsfrei nachweisen zu können, empfiehlt es sich, zwei Originale des Kündigungsschreibens auszufertigen. Ein Kündigungsschreiben sollte dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden, auf dem anderen Kündigungsschreiben sollte der Arbeitnehmer Kenntnisnahme und Empfang bestätigen.
- Durch das Ausfertigen von zwei Originalkündigungen kommt der Arbeitgeber nicht in die Verlegenheit, bei einer Verwechslung von Kopie und Original nachweisen zu müssen, ob der Arbeitnehmer von dem Original tatsächlich Kenntnis genommen hat.