LAG Berlin-Brandenburg: Bezahlung nach Lebensaltersstufen im Vergütungssystem des BAT stellt unzulässige Altersdiskriminierung dar

Die aufsteigenden Lebensaltersstufen im Vergütungssystem des BAT stellen eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar. Damit haben auch jüngere Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung nach der höchsten Altersstufe.

Der Sachverhalt

Beklagte ist das Land Berlin, dort ist der Kläger als Geschäftsführer eines landeseigenen Pflegeheims angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis findet über den sog. Anwendungstarifvertrag der Bundesangestelltentarifvertrag Anwendung. Aufgrund seines Alters ist der Kläger in der Lebensaltersstufe 39 der Vergütungsregelung eingruppiert. Grundlage dieser Vergütungsregelung ist allein das Lebensalter. Danach ist alle zwei Jahre eine Erhöhung der Vergütung vorgesehen, wobei auf Lebensaltersstufen Bezug genommen wird. Die höchste Lebensaltersstufe ist 47. Der Kläger verlangt mit seiner Klage eine Vergütung auf der Grundlage der höchsten Lebensaltersstufe, obwohl er noch keine 47 Jahre alt ist. Er trägt vor, dass die Bezahlung nach Lebensaltersstufen eine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz unzulässige Diskriminierung aufgrund des Alters darstelle. Das gleiche gelte für den Ortszuschlag.

Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, da es der Ansicht war, dass den Tarifvertragsparteien eine gewisse Zeit einzuräumen sei, um die Ungleichbehandlung durch eine andere Tarifvertragsregelung zu ersetzen. Das LAG hob diese Entscheidung auf und gab der Klage teilweise statt.
Nach Ansicht des LAG stellen die aufsteigenden Lebensaltersstufen im Vergütungssystem des BAT eine unzulässige Altersdiskriminierung und damit einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dar, weil nach diesem System allein auf der Grundlage des Lebensalters eine unterschiedliche Vergütung gewährt wird. Das trifft allerdings nur auf die Grundvergütung, nicht aber auf den Ortszuschlag zu. Damit steht dem Kläger die Grundvergütung nach Maßgabe der höchsten Lebensaltersstufe zu, nicht aber ein entsprechend höherer Ortszuschlag.

(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.09.2008, 20 Sa 2244/07)

  • Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde die Revision zum BAG durch das LAG Berlin-Brandenburg zugelassen. Sofern hiervon Gebrauch gemacht wird, bleibt abzuwarten, wie das BAG die Sache sieht.
  • In einer Entscheidung vom 29.04.2004 – und damit vor Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes – hat das BAG die Gewährung einer um bis zu vier Lebensaltersstufen höheren Grundvergütung für zulässig erachtet, um dadurch einem Personalmangel vorzubeugen und Angestellte aus arbeitsmarktpolitischen Gründen stärker an den Betrieb zu binden.
  • In dieser Entscheidung ging es somit jedoch nicht um eine Ungleichbehandlung wegen des Alters, sondern wegen besonderer laufbahnrechtlicher Voraussetzungen und der damit verbundenen Gefahr des Wechsels des Arbeitgebers.
  • Das Thema Altersdiskriminierung war bereits Gegenstand zahlreicher LAG-Entscheidungen (vgl. zum Beispiel LAG Düsseldorf vom 21.11.2007, LAG Berlin-Brandenburg vom 13.04.2007, LAG Baden-Württemberg vom 18.06.2007 oder LAG Niedersachsen vom 13.07.2007). Eine Stellungnahme des BAG zu diesem Themenbereich wäre daher dringend erforderlich.
  • Hervorzuheben ist auch noch , dass nicht nur eine Diskriminierung wegen fortgeschrittenen Lebensalters, sondern auch eine Diskriminierung jüngerer gegenüber älteren Arbeitnehmern durch das AGG verboten ist.